Europäische Banken haben rund 1,4 Billionen Euro (1,50 Billionen US-Dollar) an Krediten an die in Schwierigkeiten geratene Gewerbeimmobilienbranche vergeben, vor dem Hintergrund eines starken Rückgangs der Büropreise auf beiden Seiten des Atlantiks und der Bedenken der Anleger hinsichtlich der Fähigkeit der Kreditgeber, mit dem Risiko umzugehen.
Banken in Deutschland sind in den Fokus gerückt, da sich das Land in der schlimmsten Immobilienkrise seit Jahrzehnten befindet – eine Krise, die von Insolvenzen, Baustopps und einem Einfrieren von Immobiliengeschäften geprägt ist. Anleger trennten sich letzte Woche von den Aktien eines der führenden deutschen Immobilienfinanzierer, da sie über dessen Engagement auf dem US-Markt besorgt waren.
Die Folgen des Abschwungs könnten auch Auswirkungen auf Banken in Frankreich und den Niederlanden haben, die zu Europas größten gewerblichen Immobilienkreditgebern zählen.
Im Folgenden werden die aktuelle Lage des Immobilienmarktes, die Banken mit erheblichem Engagement und die Aussichten dargelegt:
Wohin entwickeln sich die Preise für Gewerbeimmobilien?
In Deutschland, der größten Volkswirtschaft Europas, sind die Preise für Gewerbeimmobilien im Jahr 2023 nach Angaben des VDP-Bankenverbandes diese Woche um 10,2 % gesunken. Den Daten der Europäischen Zentralbank zufolge fielen die Rückgänge im gesamten Euroraum im Durchschnitt ähnlich aus.
Der Immobiliensektor machte rund ein Fünftel der deutschen Wirtschaftsleistung aus, und die niedrigen Zinsen zogen Milliarden von Euro in Immobilien.
Doch höhere Zinssätze und steigende Baukosten haben einige Bauträger in die Insolvenz gestürzt, da die Finanzierung durch Banken versiegt, Geschäfte eingefroren werden und die Preise fallen.
In den USA haben höhere Zinsen, Refinanzierungsschwierigkeiten und eine geringere Büroauslastung den Gewerbeimmobiliensektor hart getroffen und Ängste vor einem globalen Abschwung geschürt.
Branchenexperten gehen davon aus, dass die Preise weiter sinken müssen. Derzeit besteht keine große Preistransparenz, da die Eigentümer nicht bereit sind, zu reduzierten Preisen zu verkaufen, und die Vermögensverwalter ihre Bestände nur langsam neu bewerten.
„Die Bewertungen sind immer noch zu hoch. Jeder weiß es. Aber ab einem bestimmten Zeitpunkt müssen die Leute ihre Hosen runterlassen“, sagt Alexandre Grellier, Gründer von Drooms, einem Dienstleister für Immobilienmakler.
Wie stark die Banken betroffen sind, hängt vom Ausmaß des Markteinbruchs ab. Viele Immobilienunternehmen in Deutschland hoffen beispielsweise auf eine Trendwende Mitte dieses Jahres, während andere Führungskräfte eine Verschärfung der Talfahrt bis 2025 prognostizieren.
Welche deutschen Banken sind stark gefährdet?
Nach Angaben der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde entfallen mit 285 Milliarden Euro an Gewerbeimmobilienkrediten rund ein Fünftel der 1,4 Billionen Euro Kredite der EU-Banken an den Sektor auf deutsche Kreditgeber.
Unter den deutschen Banken verfügt die Deutsche Bank DBKGn.DE, die größte des Landes, über die meisten ausstehenden Kredite an den Sektor, gefolgt von zwei staatlich unterstützten Landesbanken.
Die Deutsche Bank hat Anfang des Monats Kredite in Höhe von 17 Milliarden Euro für den stark betroffenen US-amerikanischen Gewerbeimmobilienmarkt offengelegt, mehr als 3 % ihres gesamten Bestands. Das wäre nach Angaben der EBA etwa ein Fünftel der 76 Milliarden Euro, die EU-Banken insgesamt in den USA verliehen haben.
WAS IST LOS MIT DER PFANDBRIEFBANK?
Die nach der globalen Finanzkrise vor mehr als einem Jahrzehnt gegründete Deutsche Pfandbriefbank (PBB) ist einer der führenden Immobilienfinanzierer Deutschlands.
Laut PBB sind 5 Milliarden Euro – oder 15 % seiner Kredite – im US-amerikanischen kommerziellen Markt gebunden.
Letzte Woche verdoppelte sie ihre Risikovorsorge, und die Anleger waren verunsichert, als sie ihre Aktien und Anleihen verkauften, als Leerverkäufer eintrafen. PBB reagierte mit der Herausgabe zweier separater Ankündigungen, um die Öffentlichkeit über ihren Gesundheitszustand zu beruhigen.
Am späten Mittwoch stufte die Ratingagentur S&P PBB aufgrund seiner Verbindung zu Gewerbeimmobilien herab und gab ihm einen negativen Ausblick.
Die meisten EU-Banken haben kein direktes Engagement in US-Gewerbeimmobilien, mit Ausnahme deutscher Banken, sagte die Ratingagentur Moody’s am Mittwoch in einem Bericht.
Was ist mit Banken anderswo in Europa?
Einige europäische Banken sind im gewerblichen Immobilienkreditgeschäft sogar größer als deutsche Banken, wobei Frankreich und die Niederlande laut EBA-Daten dominieren. Rabobank und BNP Paribas stehen an der Spitze der Tabelle.
Die Kredite französischer Banken an den Sektor liegen leicht vor denen Deutschlands, den EBA-Daten zufolge liegen die Niederlande an dritter Stelle, vor Italien und Spanien.
Wie ist der Ausblick?
Düster, sagen viele Experten, auch wenn eine Zinssenkung später in diesem Jahr für Erleichterung sorgen könnte und nicht alle europäischen Immobilienmärkte in einer so schlechten Verfassung sind wie Deutschland.
„Eine Trendwende bei den Immobilienpreisen ist trotz häufiger öffentlicher Spekulationen noch nicht in Sicht. Auch im Jahr 2024 bleibt die Situation vorerst schwierig“, sagte VDP-Hauptgeschäftsführer Jens Tolckmitt.
Die EZB warnte im November, dass der Immobilieneinbruch noch Jahre andauern könnte, obwohl sie sagte, der Sektor sei nicht groß genug, um ein systemisches Risiko für Kreditgeber darzustellen.
Der Internationale Währungsfonds sagte, dass kleinere und regionale Banken, insbesondere in den USA, sowie Nichtbanken-Finanzintermediäre mit hohem Immobilienengagement vor Herausforderungen stehen könnten.
Letzten Monat verschärfte der Chef der deutschen Finanzaufsicht seine Warnungen und prognostizierte, dass das Jahr 2024 für die Bankgewinne weniger rosig ausfallen werde und dass Immobilien ein zunehmendes Risiko darstellten.
(Reuters)
